Mit seinem Vortrag hat der Tüßlinger Historiker Dr. Gerald Huber auf die Bedeutung von Reliquien allgemein und besonders die in Heiligenstätter hingewiesen, die seit 2004 aus ihrem Schattendasein herausgeholt wurden.
Am Anfang stellte Huber die Frage: „Was soll eine Zurschaustellung von Reliquien im 21. Jahrhundert in der uns naive Frömmigkeit fremd geworden ist?“
In der Geschichte heißt es „reliquiae“ was wörtlich bedeutet „Hinterlassenes, Zurückgelassenes“. So gesehen ist alles, was Menschen vor uns hinterlassen haben, für uns „reliquiae“. Etwa ein Andenken an die Großeltern, ein Schmuckstück oder ein Brief. Ein solches Erbstück wird mit Ehrfurcht und mit Respekt behandelt.
Gläubige Generationen haben was vom Heiligen oder von Heiligen zurückblieb mit tiefer Ehrfurcht betrachtet.
Schon bald hat in der christlichen Urkirche die Verehrung von Reliquien begonnen. Die Gebeine des Hl. Polykarp (gestorben 155/56) sind in früheren Schriften „für wertvoller als Edelsteine und Gold“ gehalten worden, so Huber weiter. Sie wirkten Wunder, wie Heilige selbst und der Besitz von Reliquien war ein geradezu überirdischer Reichtum. Gegenstände, wie Tücher, Lampen usw. wurden mit dem Körper in Berührung gebracht und übernahmen dadurch die wundertätige Kraft der Reliquie.
Da auch die Gebiete nördlich der Alpen Anteil an Reliquien wollten, kam es schon im frühen Mittelalter zu regelrechten Heiligentransporten. Natürlich war es die Wunderkraft, die den Reliquien innewohnte, die den Besitz so erstrebenswert machte.
Auch die massenhafte Fälschung von Reliquien ist eine Folge der Suche der Menschen nach der Nähe von Heiligen. Im Jahre 355 hat die Hl. Helena das echte Kreuz in Jerusalem aufgefunden.
Beim Fest der Kreuzauffindung soll es oft vorgekommen sein, dass die Leute beim Kreuzeskuss beim Berühren mit dem Mund einen Splitter abgebissen haben und als wertvoller Schatz mitgenommen haben. Deshalb wurde der Kreuzeskuss verboten. Auch in Heiligenstatt befinden sich zwei kleine Späne vom Kreuzesstamm. Seit der Aufklärung im 18. Jahrhundert wurde der Reliquienkult immer mehr vernachlässigt besonders im protestantischen Raum. Aber auch Verteidiger des Reliquienkults haben immer wieder ihre Stimme erhoben. Bis heute hat er sich erhalten. Bei feierlichen Anlässen wird z.B. das Haupt von Bruder Konrad durch Altötting getragen, auch wenn der aufgeklärte Zeitgeist darüber lästern mag.
Bei den großen Wallfahrtsjubiläen, wie z.B. 1873, wurde der Reliquienschatz in Heiligenstatt der auch künstlerisch sehr wertvoll ist, streng bewacht den Pilgern gezeigt.