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Der Reliquienschatz von Heiligenstatt

15.03.2023

Mit seinem Vortrag hat der Tüßlinger Historiker Dr. Gerald Huber auf die Bedeutung von Reliquien allgemein und besonders die in Heiligenstätter hingewiesen, die seit 2004 aus ihrem Schattendasein herausgeholt wurden.

Am Anfang stellte Huber die Frage: „Was soll eine Zurschaustellung von Reliquien im 21. Jahrhundert in der uns naive Frömmigkeit fremd geworden ist?“
In der Geschichte heißt es „reliquiae“ was wörtlich bedeutet „Hinterlassenes, Zurückgelassenes“. So gesehen ist alles, was Menschen vor uns hinterlassen haben, für uns „reliquiae“. Etwa ein Andenken an die Großeltern, ein Schmuckstück oder ein Brief. Ein solches Erbstück wird mit Ehrfurcht und mit Respekt behandelt.

Gläubige Generationen haben was vom Heiligen oder von Heiligen zurückblieb mit tiefer Ehrfurcht betrachtet.
Schon bald hat in der christlichen Urkirche die Verehrung von Reliquien begonnen. Die Gebeine des Hl. Polykarp (gestorben 155/56) sind in früheren Schriften „für wertvoller als Edelsteine und Gold“ gehalten worden, so Huber weiter. Sie wirkten Wunder, wie Heilige selbst und der Besitz von Reliquien war ein geradezu überirdischer Reichtum. Gegenstände, wie Tücher, Lampen usw. wurden mit dem Körper in Berührung gebracht und übernahmen dadurch die wundertätige Kraft der Reliquie.

Da auch die Gebiete nördlich der Alpen Anteil an Reliquien wollten, kam es schon im frühen Mittelalter zu regelrechten Heiligentransporten. Natürlich war es die Wunderkraft, die den Reliquien innewohnte, die den Besitz so erstrebenswert machte.
Auch die massenhafte Fälschung von Reliquien ist eine Folge der Suche der Menschen nach der Nähe von Heiligen. Im Jahre 355 hat die Hl. Helena das echte Kreuz in Jerusalem aufgefunden.

Beim Fest der Kreuzauffindung soll es oft vorgekommen sein, dass die Leute beim Kreuzeskuss beim Berühren mit dem Mund einen Splitter abgebissen haben und als wertvoller Schatz mitgenommen haben. Deshalb wurde der Kreuzeskuss verboten. Auch in Heiligenstatt befinden sich zwei kleine Späne vom Kreuzesstamm. Seit der Aufklärung im 18. Jahrhundert wurde der Reliquienkult immer mehr vernachlässigt besonders im protestantischen Raum. Aber auch Verteidiger des Reliquienkults haben immer wieder ihre Stimme erhoben. Bis heute hat er sich erhalten. Bei feierlichen Anlässen wird z.B. das Haupt von Bruder Konrad durch Altötting getragen, auch wenn der aufgeklärte Zeitgeist darüber lästern mag.
Bei den großen Wallfahrtsjubiläen, wie z.B. 1873, wurde der Reliquienschatz in Heiligenstatt der auch künstlerisch sehr wertvoll ist, streng bewacht den Pilgern gezeigt.

Impressionen des Vortrags

Der Bezug zur Schlossherrschaft von Tüssling war sicherlich ein Punkt für den reichhaltigen und wertvollen Reliquienschatz. Auch Kardinal von Wartenberg, dessen Bruder Schlossherr war, hatte beste Beziehungen zu Rom.

26 Stücke umfasst der heute gut gesichert gelagerte Reliquienschatz von Heiligenstatt. 2004 wurde der Schatz im Rahmen der Gesamtrenovierung gereinigt und restauriert. Ein Großteil der Reliquien ist heute hinter Glasvitrinen zu besichtigen. Ältestes Stück ist ein Kästchen aus Elfenbein mit Knochensplittern der Thebaischen Legion. Es waren dies Märtyrer aus der Zeit um 300, die unter Kaiser Diokletian den Tod erlitten. Dieses Stück stammt wohl aus dem 15. Jahrhundert.

Das auffälligste Stück ist eine Silbermonstranz von 1721, aus Silber vergoldet, hinter einem rechteckigen Schauglas sieht man die Fußreliquie eines unschuldigen Kindes, dies hat sicher mit dem Zweitpatrozinium der unschuldigen Kinder zu tun. Das Bild über dem rechten Seitenaltar stellt den Kindermord von Bethlehem dar.

Ein Reliquiar in Form einer gotischen Kapelle aus feuervergoldetem Blech und Silber ist sicherlich das wertvollste Stück in Heiligenstatt. Diese gotische Kapelle war auch auf der Diözesanausstellung aufgestellt. Auf dem First erkennt man eine kleine Fahne mit dem Wappen der Toerringer. Wohl die Stifter dieses wertvollen und besonders schönen Exponats.

Hervorzuheben sind auch sieben barocke Reliquientafeln aus Klosterarbeit mit Flußperlen verziert. Zwei Exemplare sind besonders bemerkenswert, da sie am oberen Abschluss zwei kleine Malereien zeigen, die wunderbare Kunstfertigkeit zeigen und fast nur mit der Lupe zu erkennen sind.

Der ehemalige Leiter des Passauer Diözesanmuseums Dr. Herbert Wurster bezeichnete den Heiligenstätter Reliquienschatz als wunderbar und besonders wertvoll.

Der Reliquienschatz von Heiligenstatt

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